Lengmoos
Miteinander Leben,
Miteinander Glauben,
Miteinander Feiern.

Burg oder Kirche


                                                    

Diese Frage konnte bis auf den heutigen Tag nicht geklärt werden. Im Volksmund hielt sich über viele Jahre die Aussage, dass die Kirche früher ein Jagdschlösschen der Grafen von Haag oder die (eine) Burg der Ritter von Lengmoos war.

Aber es wird angenommen, dass das heutige Langhaus einst Teil einer Wohnburg des Ministeralien Rapoto de Lenginmos war, der 1145 und 1168 in zwei Urkunden des Klosters Gars erwähnt wird. Des Weiteren bestand bei Lengmoos ein Moarhof.

Ob im 12. Jahrhundert bereits eine Kirche (Kapelle) existiert hatte, ist nicht erwiesen. Die älteste Kirche hatte sicher noch keine Ähnlichkeit mit der heutigen Kirche. Es ist anzunehmen, dass es nur eine Kapelle aus Holz war. Ein weiterer Hinweis auf ein Vorkommen einer Kirche im 12. Jahrhundert ergibt sich aus der Tatsache, dass die Kirche den hl. Ägidius (+ ca. 720) als Kirchenpatron hat.

Der Hl. Ägidius war Einsiedler und könnte somit auch in der Siedlungs- und Rodungszeit besonders verehrt worden sein.

Ob das heutige Langhaus einst Teil der Burg war oder aus Teilen der verfallenen Burg (nach dem Aussterben des Rittergeschlechts) erbaut wurde, lässt sich heute nicht mehr exakt feststellen, ist aber sehr wahrscheinlich.

Dies würde sich auch mit den Forschungen von Rudolf Münch decken, der die Lengmooser Ritter erforschte.

Aufgrund kunsthistorischer Untersuchungen kommt man zu der Erkenntnis, dass das heutige Langhaus etwa um 1200 ohne die jetzigen Fenster aus der kleinen Kapelle entstanden ist. Die romanische Kirche hatte damals eine Flachdecke bis zum Ansatz des Dachstuhls. Im Speicher der Kirche sind noch die verputzten Seitenwände des Langhauses und die Auflager der Deckenbalken sichtbar. An der Nordseite waren keine Fenster und auf der Südseite kleine Schartenfenster (oder Schießscharten), wovon eines im Speicher der Kirche noch erhalten ist. Auch wurden bei umfangreichen Renovierungsarbeiten (1936) an der Nordwand Bruchstücke eines großflächigen Gemäldes entdeckt, das durch die Fenster und den Einzug des Deckengewölbes zerstört wurde. Anstelle des heutigen Presbyteriums (Chorraum) war an der Ostseite wahrscheinlich nur eine kleine Altarnische angebracht.

Unter dem Haager Grafen Sigmund von Haag (1476 bis 1522) wurde die Kirche in den gotischen Stil umgebaut und nahm ihre heutige Gestalt an. In dieser Zeit wurde der Chor angebaut (Jahreszahl 1489 im Chorbogen) und das gotische Gewölbe eingezogen. In den zahlreichen Gewölbeschlusssteinen finden sich unter anderem der Reichsadler und das Wappen der Grafschaft Haag. Außerdem dürften auch ein Westturm sowie die zweigeschossige Sakristei errichtet worden sein. Der 36 Meter hohe Kirchturm mit den 4 Eckaufsätzen und der außerordentlich schlanken Turmspitze wurde 1617 neu erbaut (Baukosten 150 Gulden) auf dem Fundament des älteren Turms. Besonders auffällig ist, dass die Achse des Chorraumes zum Langhaus etwas nach links (Norden) versetzt ist (vom Langhaus aus gesehen). Hinter diesem scheinbaren Baufehler versteckten die gotischen Baumeister eine tiefe Symbolik. „Nicht bloß der Christ sollte den Tod des Herrn verkünden sondern auch das Gebäude. Denn auch Christus neigte sein Haupt im Tode.“

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurden immer wieder kleinere oder größere Veränderungen durchgeführt.

Heutige Ausgestaltung:

Der heutige Raumeindruck wurde bei einer Innenrenovierung in den Jahren 1997 bis 2004, bzw. 2014 erreicht. Bei der Außenrenovierung 2008 wurde das Mauerwerk trocken gelegt, sowie der Eingangsbereich, Teile des Außenputzes und die der Farbanstrich erneuert.

Ins Innere der spätgotischen Kirche gelangt man durch ein an der Nordwestseite angebautes Vorhaus mit zwei rundbogigen Eingängen. Im Vorhaus sind zur Erinnerung an die Kriegsopfer aus der Kuratiegemeinde Gedenktafeln angebracht.

Wenn man durch die Tür ins Langhaus tritt, fällt einem sofort der helle und freie Blick in den Chorraum auf, der durch den mächtigen Volksaltar und das Ambo geprägt wird. Der Volksaltar wurde Mitte der 60-iger Jahre gestaltet und 2004 neu gefasst. Der Ambo und die Bestuhlung wurden im Rahmen der Renovierung 2004 passend zum Altar neu angeschafft.

Die Kirche besteht aus einem dreijochigen Langhaus mit eingezogenem zweijochigem Chor. Das spätgotische Netzrippengewölbe ruht auf polygonalen Profilkonsolen, wobei nur im Chor Wandpfeiler vorhanden sind. Runde Schlusssteine tragen Wappenbemalung. Während der Chor vier Schlusssteine in der Mitte, u.a. mit dem Wappen der Haager Grafen und 15 kleinere außen zeigt, weist das Langhaus nur drei auf.

Im Chorraum ist in einem angedeuteten Hochaltar (ehemalige Altarnische eines Seitenaltares) der Kirchenpatron (um 1480 geschnitzt) untergebracht. Dehio schreibt: „Bemalte Holzfigur des hl. Aegidius, sitzt auf einem Thron, hält in der Rechten das Buch in die Höhe, die Linke hält den Stab, Höhe 85 cm, gute Arbeit Anfang 15. Jahrhundert.“

Seit heuer wird der hl. Ägidius links und rechts wieder von je einem Altarengel umrahmt. Wie alt die Figuren sind ist bisher nicht bekannt sie waren aber bereits vor 1936 im Besitz der Kirche von Lengmoos.

Der Tabernakel war Bestandteil des ehemaligen neugotischen Hochaltares und wurde im Jahre 2000 restauriert, neu gefasst und wieder eingebaut.

Links vom Altar an der nördlichen Chorwand stehen seit 2014 auf Podesten die Figuren des hl. Papstes Urban (frühes 18. Jahrh.) und einer Herz-Jesu Figur (aus 1956). Auf der rechten Seite stehen der hl. Korbinian (frühes 18. Jahrh.) und der Erzengel Michael mit Flammenschwert und Seelenwaage.

Ebenfalls im Chorraum ist links ein Bild von Balthasar Mang; Anbetung der Hirten (früher im Hochaltar) und rechts ein Holzrelief (um 1510), das die „Verabschiedung der Apostel“ zeigt.

Im Langhaus am Chorbogen links ist das Bild die Anbetung der Könige (datiert auf 1776). Balthasar Mang (1720 bis 1803) war mit seiner Buchbacher Malerwerkstatt ein bedeu-tender Kirchenmaler unseres Landkreises. An der rechten Seite ist ein Bild des Kirchenpatrons, als Einsiedler mit Hirschkuh dargestellt.

An der linken Langhauswand befindet steht eine Statue der hl. Maria mit Kind. Ihr gegenüber ist ein Kruzifix (Korpus alt, Stamm des Kreuzes neu) mit Schmerzhafter Muttergottes.

Die Brüstung der Empore trägt neun Bilder aus der Stefanuslegende von Johann Evangelist Mang (1787). Die Orgel hat 10 Register.

                                                                                                                 

Quellen:

1)      Die älteren Matrikel d. Bisthums Freysing, München 1850, S. 226

2)      Dehio Georg, Handbuch d. dt. Kunstdenkmäler, Bayern IV: München u. Oberbayern S. 595 (1990)

3)      Mayer-Westermayer Bd. III, München 1884, S. 529 ff.

4)      Aufzeichnungen des Heimatforschers Rudolf Münch, Haag

5)      Dokumentation zur Bau-, Ausstattungs- und Restaurierungsgeschichte der Kuratiekirche Lengmoos von Dr. Stefan Nadler und Maria Hildebrandt, München

6)      Aufzeichnungen von Expositus Franz Xaver Atzberger und des Altbürgermeisters Simon Hangl

7)      Quelle zum Kirchturm: StAM, Steuerbuch Nr. 150 b, S. 393 (Steuerbuch d. Grafsch. Haag von 1617)

8)      Quelle zu den Glocken: Mathias Seeanner, Die Glocken der Erzdiözese München u. Freising, München 1913, S. 91

9)      Die Kuratiekirche St. Ägidius in Lengmoos von Stefan Nadler aus der Heimatgeschichte Marktgemeinde Gars am Inn, Herausgeber Marktgemeinde Gars am Inn 2008